Sie rief mich an, ob ich da nicht Lust zu habe. Natürlich habe ich Lust. Jedes Mal, wenn mich jemand fragt, was ich haben will, Pizza oder Nudeln, sage ich "Pizza. Und ein Pony."
Ich überlege ja schon, wie ich mit ihm zu mir nach Hause spaziere und es hinten in den Garten stelle. Es hätte viel Freilauf, es steht ja nur eine Tanne im Weg, da könnte es sich drunter stellen. Nachts würde ich es natürlich mit in die Wohnung nehmen, es ist ja ein Herdentier und nicht gern allein. Ich muss es nur vorher stubenrein kriegen.
Ich fuhr also direkt vom Büro in den Stall, ohne mich umzuziehen, weil ich dachte, es geht nur um die Schlüsselübergabe für den Schrank mit dem Putzzeug und so. Die Besitzerin nahm auf meine Overdressedheit keine Rücksicht, sie wollte, dass ich das ganze Procedere einmal durchspiele, ohne Hilfe. Ich war nur allzu bereit, Klamotten kann man waschen.
Das Pferd hat sich echt gefreut, dass ich mal vernünftig angezogen war, als ich es aus dem Stall geholt habe, es zwinkerte mir anerkennend zu. Das kennt ja keine Menschen in Röcken und Schühchen. Immer nur dreckige Stiefel und praktische T-Shirts unter der schlammfarbenen Weste.
Ich habe natürlich einiges Aufsehen erregt, als ich im Business-Outfit die Hufen auskratzte und dann neben dem Pferd über den Feldweg stöckelte - also nicht wirklich stöckelte, aber in Relation zu den Stiefeln war das schon ein Geeiere.
Es fühlte sich sehr wohl mit mir. Das merkt man daran, dass es leise vor sich hinschnaubt. Das hört sich romantischer an, als es ist, denn der ganze Schnodder kommt dann mit raus und nach kurzer Zeit war ich von oben bis unten voller Pferde-Popel, so wohl hat es sich gefühlt, wie wir in die untergehende Sonne spazierten. Es muss Liebe sein, denn ich würde keinem anderen Lebewesen erlauben, mich derart einzusauen.
Dann durfte es grasen, ich setzte mich auf einen Baumstamm und hielt es lose an der Leine. Was will ich mehr? Nun ja, irgendwann mussten wir zurück in den Stall und dann hatte ich schon Angst davor, es zu verärgern, denn das Pferd ist so süchtig nach Gras, wie ich nach Zigaretten. Ich will ja, dass es ihm gut geht, aber dann dachte ich wieder an die Trainerin, die mir immer einbläut, dass Gehorsam das wichtigste ist, weil es sich dann an mir orientiert und sich am sichersten fühlt, wenn ich ihm Grenzen aufzeige.
In der Folge gestaltete es sich so, dass sich das Pferd auch ohne meine Grenzsetzung sicher fühlte und immer wieder den Kopf nach unten zum Gras beugte, während ich an dem Strick zog und mit strenger Stimme wiederholte "Denk nicht mal dran" und "Nix da" und "Fuck". Ich sag ja immer, das übt fürs Leben. Nicht aufgeben. Geht in diesem Fall auch nicht, ich kann nicht für immer auf der Wiese bleiben, leider erlaubt mein Arbeitgeber kein Homeoffice.
Spannend wird es immer noch mal, wenn es zurück in die Box geht. Eine echte Dominanzübung. Vor der Box muss es stehen bleiben. Ich geh vor dem Pferd rein und führe es dann links um mich herum. Dann muss es wieder stehen bleiben und darf nicht an den Trog, denn ich muss es erst abhalftern. Aber das kann ich schon ganz gut und ich habe keine Angst mehr, dass in diesem Moment die Gene seiner wilden Vorfahren durchbrechen und ich zu Tode getrampelt werde.
Ich blieb sogar noch ein bißchen stehen und lehnte mich mit geschlossenen Augen an seinen Hals. Es gibt nicht viel, was besser ist als das. Das Pferd fand das auch, denn es schnaubte wieder und frisch eingesaut stakste ich aus der Box.
Die Pferdebesitzerin war zufrieden mit mir, wir saßen noch auf der Bank, bis es ganz dunkel war und tranken jede Menge Cola, zig Pferde in den Ställen, die schnaubten und manchmal wieherten, gute Nacht John Boy, der totale Frieden.
"Ich glaube, wenn ich aus dem Urlaub zurück komme, setzt du dich mal drauf." - "Das glaube ich auch." Der Tag war mein Freund.
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